Das neue Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt
Mehr Ausgründungen, mehr Autonomie und mehr Mitbestimmung: Das neue Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt greift zahlreiche Diskussionspunkte der Wissenschaftspolitik der vergangenen Jahre auf. Zentrales Ziel ist es, die Wissenschaftseinrichtungen in ihrem besonderen Stellenwert für die Entwicklung des Landes zu stärken. So wird durch die Novelle beispielsweise dem Gründungsgeschehen in Sachsen-Anhalt deutlicher Schwung verliehen werden.
- Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten
- Mehr Autonomie und weniger Bürokratie bei Berufungen
- Mehr Mitbestimmung für alle Hochschulmitglieder
- Neue Wege zum Doktorgrad
- Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern
- Berechenbare Karrierewege
- Langzeitstudiengebühren werden abgeschafft
Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten
Ein wichtiger Punkt des neuen Hochschulgesetzes ist die Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten. Künftig sollen Hochschulen, deren wissenschaftliches Personal und interessierte Partner aus der Wirtschaft leichter gemeinsame Unternehmen gründen oder sich an diesen beteiligen können.
So können Hochschulen Unternehmensgründungen künftig mit eigenen Mitteln fördern sowie Gründerinnen und Gründern Zugang zu Laboren, Bibliotheken oder der IT-Infrastruktur ermöglichen. Professoren und Professorinnen können sich nun für einen gewissen Zeitraum beurlauben lassen, um Gründungen zu begleiten und so den Wissens- und Technologietransfer voranzubringen.
Mehr Autonomie und weniger Bürokratie bei Berufungen
Um Professuren noch schneller besetzen zu können, wurde das Berufungsrecht nunmehr vollständig auf die Hochschulen übertragen; eine Zustimmung des Wissenschaftsministeriums zum konkreten Berufungsvorschlag ist künftig nicht mehr erforderlich. Ebenso können Hochschulen jetzt schneller und flexibler auf Abwerbe-Angebote für ihre Professorinnen und Professoren durch andere Hochschulen reagieren. „Wir stärken damit unsere Hochschulen im nationalen und internationalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe“, betonte Willingmann. Diese wachsende Verantwortung setzt auch formale Qualitätssicherung der Berufungsverfahren voraus, die in eigenen Berufungsordnungen der Hochschulen gesichert wird.
Mehr Mitbestimmung für alle Hochschulmitglieder
Das neue Gesetz stärkt die Mitwirkungsrechte aller Hochschulmitglieder in den akademischen Gremien. Der Senat, in dem die Hochschullehrer/-innen die Mehrheit der Sitze und Stimmen haben, kann über Planungen zu Hochschulstruktur und -entwicklung sowie Zielvereinbarungen und Wirtschaftsplanung künftig nicht nur mitberaten, sondern auch wieder mitentscheiden. „Damit setzen wir Anreize, in akademischen Gremien mitzuarbeiten, und stärken gleichzeitig die demokratische Kultur an unseren Hochschulen“, so Willingmann.
Neue Wege zum Doktorgrad
Studierende von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW – früher Fachhochschulen) können künftig auf unterschiedlichen Wegen den Doktorgrad anstreben: Zum einen über HAW-Professoren und Professorinnen, die in eine Fakultät einer Universität kooptiert werden und so die „eigenen“ Doktoranden betreuen können. Zum anderen kann das Wissenschaftsministerium besonders forschungsstarken HAW-Fachbereichen ein eigenes Promotionsrecht verleihen.
Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern
Ein weiteres wichtiges Ziel des neuen Gesetzes ist die Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern an Hochschulen. Dafür soll die Besetzung von Gremien und Kommissionen nach dem Grundsatz der paritätischen Repräsentanz erfolgen. Bei der Berücksichtigung von Berufungsvoraussetzungen können künftig auch Zeiten von Kindererziehung und Pflege Beachtung finden. Darüber hinaus erhalten die Gleichstellungsbeauftragten der Fachbereiche ein aktives Stimmrecht in den Berufungskommissionen. „Wir belassen es bei der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wissenschaft nicht bei Lippenbekenntnissen, sondern setzen zeitgemäße Standards, damit hochqualifizierte Frauen faire Karrierechancen erhalten“, betonte Willingmann.
Berechenbare Karrierewege
Das neue Gesetz schreibt die Tenure-Track-Professur ausdrücklich fest und erweitert das Verfahren um eine Beförderungsoption. Die Professur richtet sich an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der frühen Karrierephase und sieht nach erfolgreicher Bewährung den unmittelbaren Übergang in eine Lebenszeitprofessur vor. Dadurch werden wissenschaftliche Karrierewege an Sachsen-Anhalts Hochschulen planbarer und berechenbarer.
Langzeitstudiengebühren werden abgeschafft
Bislang mussten Studierende ab dem fünften Semester nach Überschreiten der Regelstudienzeit eine Gebühr von 500 Euro pro Semester zahlen. „Diese Regelung hat jedoch nicht dazu geführt, den Anteil Langzeitstudierender an den Hochschulen des Landes deutlich zu senken“, erläuterte Willingmann. Dass die Gebühren nun abgeschafft werden, trage auch dem Umstand Rechnung, dass viele Studierende zur Finanzierung des Lebensunterhaltes arbeiten und sich das Studium dadurch verlängert.