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Wasserstoff – Energieträger der Zukunft

Von Erdgas, Kohle und Öl zu grünem Wasserstoff: In den kommenden Jahrzehnten soll sich Sachsen-Anhalt zum klimaneutralen Industriestandort entwickeln. Zahlreiche Weichen für den Aufbau einer innovativen Wasserstoff-Wirtschaft wurden im Land bereits gestellt und wichtige Vorhaben in den Bereichen Forschung, Produktion und Infrastruktur auf den Weg gebracht. Erfahren Sie mehr darüber in unserem Wasserstoff-FAQ.

Was ist Wasserstoff und wofür brauchen wir ihn?

Wasserstoff (lateinisch Hydrogenium, chemisches Symbol H, in molekularer Form H2) ist ein sehr leichtes und brennbares Gas. Wasserstoff ist vor Helium das häufigste Element im Universum und kommt in der Natur immer gebunden vor, beispielsweise in Form von Wasser, Säuren oder Kohlenwasserstoffen. In molekularer Form ist er beispielweise in fossilen Rohstoffen wie Erdgas und Erdöl sowie in mehr als der Hälfte aller bekannten Mineralien zu finden.

Wasserstoff ist ein so genannter Sekundärenergieträger, mit dem Energie gespeichert und transportiert werden kann. Ein Großteil an Wasserstoff wird bereits stofflich in der Industrie benötigt. Aktuell wird er dort größtenteils aus Erdgas erzeugt, wobei große Mengen an CO2 freigesetzt werden. Grüner Wasserstoff  soll dabei helfen, die fossilen Energieträger Schritt für Schritt zu ersetzen, so dass emissionsintensive Anwendungen und Produkte klimafreundlich werden. Dazu muss die Herstellung des Wasserstoffs aus erneuerbaren Energien erfolgen.

Die Nutzung von Wasserstoff ist prädestiniert für einen fließenden Übergang zu einem System mit hohen Anteilen erneuerbarer Energie, da er

  • mittels Einsatz von Elektrolyseuren direkt aus erneuerbarem Strom hergestellt und ohne größere strukturelle Brüche in die bestehende Gasinfrastruktur integriert werden kann,
  • als chemischer Energieträger eine langfristige und großskalierte Energiespeicherung ermöglicht und
  • sektorenübergreifend einsetzbarbar ist (einschließlich der Anwendung als Grundstoff in der chemischen Industrie bzw. zur Senkung prozessbedingter Emissionen).

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Grauer, blauer, grüner, türkiser Wasserstoff – was sind die Unterschiede?

Grauer Wasserstoff

Der dominierende Anteil des Wasserstoffs wird heutzutage aus Erdgas (Methan) über den Pfad der Dampfreformierung oder der autothermen Reformierung hergestellt. Dabei reagiert Erdgas unter Zufuhr von Wasserdampf zu Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid. Die gesamte graue Wasserstoffproduktion (inkl. der Wasserstoffherstellung aus Kohle oder Mineralöl) entspricht derzeit rund 96 Prozent der globalen Wasserstoffherstellung, welche vorrangig im Industriesektor vor Ort produziert wird.

Die Herstellung war bisher relativ kostengünstig, geht aber mit bedeutenden CO2-Emissionen einher. Auch die Wasser-Elektrolyse mittels Strom aus größtenteils fossilen Energien kann als grauer Wasserstoff bezeichnet werden (vereinzelt auch als anthrazitfarbener Wasserstoff benannt).

Blauer Wasserstoff

Bei der Herstellung von blauem Wasserstoff wird das im Reformierungsprozess (vgl. grauer Wasserstoff) entstehende CO2 abgetrennt und kann langfristig gespeichert (Carbon Capture and Storage, CCS) oder chemisch verwendet (Carbon Capture and Utilization, CCU) werden. Aktuell können mit vorhandenen Technologien rund 90 Prozent der Emissionen abgetrennt werden.

Grüner Wasserstoff

Für die Herstellung von grünem Wasserstoff  durch Power-to-Gas-Verfahren wird Wasser in einem Elektrolyseur mit Hilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Sofern bei der Elektrolyse ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien eingesetzt wird, spricht man von grünem Wasserstoff, da über die gesamte Prozesskette nur geringfügige Mengen CO2 emittiert werden.

Zu grünem Wasserstoff zählt auch die Herstellung aus Biomasse und Biogas, da durch die biologische Ausgangsbasis der CO2-Kreislauf geschlossen ist.

Türkiser Wasserstoff

Bei der Herstellung von türkisem Wasserstoff mittels der so genannten Methanpyrolyse fällt der Kohlenstoff in fester Form an und folglich werden keine direkten CO2-Emissionen frei. Methanpyrolyse-Anlagen sind derzeit noch nicht großtechnisch verfügbar. Unter der Annahme einer fortlaufenden technischen Entwicklung kann eine industrielle Marktreife zwischen 2025 und 2030 erreicht werden.

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Warum gilt grüner Wasserstoff als Energieträger der Zukunft?

Grüner Wasserstoff, der mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, ist ein echter Alleskönner. Er macht nicht nur erneuerbare Energien speicherbar, sondern bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten der energetischen und stofflichen Nutzung in den Sektoren Energie und Wärme, Industrie und Mobilität. Mit grünem Wasserstoff bieten sich Perspektiven bei der Transformation des Energiesektors, bei der Umsetzung innovativer Antriebskonzepte und für CO2-arme Versorgungskonzepte für Industrie und Gewerbe.

So kann mit grünem Wasserstoff die Systemintegration von erneuerbaren Energien gelingen und der Klimaschutz auch in anderen Sektoren vorangebracht werden. Damit kann der grüne Wasserstoff, neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Steigerung der Energieeffizienz, zum dritten Standbein der Energiewende werden. Die Autoindustrie setzt beispielsweise mehrheitlich auf die Entwicklung von Elektroautos. In der Chemie- und Stahlindustrie sowie in anderen energieintensiven Branchen ist hingegen grüner Wasserstoff ein großes Zukunftsthema.

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Wie wird grüner Wasserstoff produziert?

Grüner Wasserstoff wird meist mittels Wasserelektrolyse hergestellt, bei der Wasser unter Einsatz von Elektrizität in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Die Elektrizität stammt dabei aus erneuerbaren Energien, wie Solarenergie oder Windkraft.

Die verfügbaren Erzeugungstechnologien lassen sich grob in Niedertemperatur- (Alkalische Elektrolyse, AEL und Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse, PEMEL; T < 100 °C) sowie in Hochtemperaturelektrolyse (Solid-Oxide-Elektrolyse, SOEL; T > 700 °C) einteilen. AEL- und PEMEL-Technologien sind bereits relativ weit entwickelt und werden schon heute im Megawatt-Maßstab produziert und eingesetzt. Die Hochtemperaturelektrolyse liegt in der technologischen Reife etwas zurück, ist aber aufgrund der hohen elektrischen Wirkungsgrade und der perspektivisch kostengünstigen Herstellung eine sehr vielversprechende Technologie.

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Wie sieht die Ausgangslage für Sachsen-Anhalt aus – kann das Land besonders profitieren?

Bereits heute ist in Sachsen-Anhalt die Anwendung von Wasserstoff alltägliche Praxis. Im Süden des Landes existiert eine umfangreiche, industriell geprägte Wasserstoffwirtschaft, welche derzeit allerdings noch fast ausschließlich auf der Verwendung des grauen Wasserstoffs beruht.

Im Mitteldeutschen Chemiedreieck sind sowohl große Wasserstoffverbraucher als auch eine entsprechende Wasserstoffinfrastruktur vorhanden, darunter ein 150 Kilometer langes Wasserstoff-Pipelinenetz. Mit diesen Voraussetzungen kann in den nächsten Jahren der Aufbau einer grünen Wasserstoff-Wirtschaft zur Substitution von grauem Wasserstoff in Sachsen-Anhalt erreicht werden. Neben dem Beitrag zum Klimaschutz und einer erfolgreichen Energiewende in ganz Sachsen-Anhalt bietet der Aufbau einer CO2-freien Wasserstoff-Wirtschaft eine große Chance für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Zudem können durch die Etablierung neuer Wertschöpfungsketten und eine hohe Fertigungstiefe hochwertige Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen werden. Die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff wird zukünftig auch ein Standortkriterium für Unternehmen sein.

Wasserstoff wird insbesondere in der Kohleregion des Landes ein Baustein zur aktiven und innovativen Gestaltung des begonnenen Strukturwandels sein. Dabei könnte beispielsweise eine energiewendetaugliche Nachnutzung der vorhandenen Kraftwerksstandorte und Braunkohletagebaue im Kontext einer Wasserstoffwirtschaft umgesetzt werden. Die Investitionen in zwei Groß-Elektrolyseanlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff am Standort Leuna zeigen, dass die Wirtschaft mit Unterstützung des Landes bereits Maßnahmen zum Aufbau der notwendigen Produktionsanlagen umsetzt.

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Welche Ausbau-Ziele haben wir?

Die Landesregierung  hat am 11. Mai 2021 die Wasserstoffstrategie für Sachsen-Anhalt verabschiedet: Sie ist Leitbild für eine grüne Wasserstoffwirtschaft im Industrie- und Energieland Sachsen-Anhalt. Sachsen-Anhalt soll sich in den kommenden Jahren zu einer Wasserstoff-Modellregion entwickeln. Es soll eine flächendeckende Wasserstoffwirtschaft aufgebaut werden, welche auch eine dezentrale Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff ermöglichen soll. Sowohl die Produktion als auch die Nutzung, die Speicherung und der Transport von grünem Wasserstoff sollen deutlich weiterentwickelt und ausgebaut werden.

Dafür hat sich Sachsen-Anhalt mittel- und langfristige Ziele im Rahmen der Wasserstoffstrategie gesetzt: So soll bis 2030 mindestens 1 Gigawatt Elektrolyseleistung zur Herstellung von grünem Wasserstoff aufgebaut werden (entspricht 10 Prozent der Ziele der aktuellen Bundesregierung und rund 25 Prozent der derzeitigen Wasserstoffproduktion in Sachsen-Anhalt). Damit verbunden ist außerdem ein zusätzlicher Ausbau von je 5 Gigawatt an Wind- und Photovoltaik-Anlagen, um die Versorgung mit grünem Strom im Land sicherzustellen.

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Wie wird sich die Wasserstoffwirtschaft in Sachsen-Anhalt in Zukunft entwickeln?

Sachsen-Anhalt könnte in den kommenden Jahrzehnten erheblich vom Aufbau einer klimaneutralen Wasserstoffwirtschaft profitieren. Das geht aus einem Gutachten des Kölner Beratungsunternehmens r2b energy consulting hervor. Durch den Aufbau von Produktions-, Speicher- und Transportkapazitäten sowie durch den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien könnten bis 2045 landesweit rund 27.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Das Gutachten, das im Auftrag des Energieministeriums erstellt wurde, prognostiziert zudem einen Zuwachs an Wertschöpfung von 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Den Ergebnissen der Studie zufolge wird der Wasserstoff-Bedarf von aktuell 10 Terrawattstunden bis zum Jahr 2045 auf 23 Terrawattstunden steigen. Zu den Verbrauchern werden vor allem energieintensive Unternehmen zählen, die ihre Produktion nicht mit erneuerbaren Energien elektrifizieren können. Dazu zählen Unternehmen der chemischen Industrie sowie der Glas-, Zement- oder Stahlindustrie. Für die Herstellung der benötigten Mengen an grünem Wasserstoff wird der Einsatz erneuerbarer Energien eine zentrale Rolle spielen. Bis 2045 prognostiziert das Gutachten einen Bedarf von 9 Gigawatt Windstrom und 6,6 Gigawatt Solarstrom. Zum Vergleich: Aktuell liegt die landesweit installierte Leistung von Windkraftanlagen bei 5,3 Gigawatt, die von Solaranlagen bei 4,3 Gigawatt. Dem Gutachten zufolge könnte 75 Prozent des grünen Wasserstoffs im Jahr 2045 in Sachsen-Anhalt wirtschaftlich profitabel erzeugt werden. Weitere 25 Prozent könnten aus anderen Ländern importiert werden.

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Welche praxisnahen Projekte unterstützt das Land Sachsen-Anhalt?

Für den Aufbau einer Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft setzt Sachsen-Anhalt auf grünen Wasserstoff als Energieträger. Die Bundesregierung hatte im Mai 2021 länderübergreifende Infrastruktur-Projekte für den Aufbau eines europäischen Wasserstoffnetzes als wichtige Vorhaben im gemeinsamen europäischen Interesse (IPCEI) ausgewählt, die zwischen 2023 und 2028 umgesetzt werden sollen. Investitionen in die zukünftige Nutzung der Leitungsinfrastruktur für den Einsatz von Wasserstoff in Sachsen-Anhalt werden im Rahmen der IPCEI-Projekte unterstützt. Im aktuellen Bericht zur Umsetzung der Wasserstoffstrategie für Sachsen-Anhalt sind diese und alle weiteren Aktivitäten zusammengefasst.

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Was ist beim Aufbau einer Wasserstoff-Tankstelle zu beachten? Welche Genehmigungen braucht es zur Errichtung einer Produktionsanlage für Grünen Wasserstoff? Und worauf kommt es bei der Umstellung von Erdgasleitungen auf Wasserstoff an?

Antworten auf diese Fragen gibt ein neuer Leitfaden (Stand: September 2023), mit dem das Energieministerium die Umsetzung von Wasserstoffprojekten in Sachsen-Anhalt voranbringen will.

Die Publikation richtet sich an Unternehmen und Behörden; sie bietet einen Überblick über notwendige Planungs- und Genehmigungsverfahren, etwa für Vorhaben zu Erzeugung und Speicherung von Grünem Wasserstoff oder zu Neubau und Umstellung von Leitungen. Auf den insgesamt 40 Seiten finden sich zudem Ansprechpartner für verschiedene Genehmigungsverfahren sowie eine Übersicht über die dabei einzureichenden Unterlagen.

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Welche Wasserstoff-Forschungsaktivitäten unterstützt das Land Sachsen-Anhalt?

Es existieren bereits herausragende Wasserstoff-Forschungsprojekte in Sachsen-Anhalt.

Bereits im Sommer 2021 hat die vom Wissenschaftsinisterium geförderte Elektrolyse-Testplattform der Fraunhofer-Gesellschaft ihren Betrieb aufgenommen. Für die Errichtung des Fraunhofer Hydrogen Lab Leuna wurden seitens des Ministeriums rund 10 Mio. Euro investiert. Die Anlage verfügt über fünf Teststände und ein Technikum für Elektrolyseure bis 5 Megawatt. Es ist die erste Pilotanlage für Test und Skalierung von Elektrolysesystemen im industriellen Maßstab, die vollständig in einen Chemiepark integriert ist. Der erzeugte grüne Wasserstoff wird vor Ort aufbereitet und direkt in die 157 km lange Wasserstoff-Pipeline eingespeist, von wo aus er zu den Industriestandorten der Region verteilt wird.

Zudem wurde der Gaskonzern Linde bei der Errichtung der weltgrößten Produktionsanlage zur Erzeugung und Verflüssigung von grünem Wasserstoff mit rund 15 Mio. Euro aus der Investitionsförderung, der so genannten Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) gefördert, die Gesamtinvestition belief sich auf 60 Mio. Euro.


Weitere innovative Projekte stehen kurz vor der Realisierung.

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Welche weiteren Wasserstoff-Projekte gibt es in Sachsen-Anhalt?

Im Jerichower Land werden in einem deutschlandweit einmaligen Wasserstoff-Pilotprojekt höhere Wasserstoffanteile im Gasnetz erprobt: Das Gemeinschaftsprojekt des Energieversorgers Avacon und des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) soll zeigen, dass es technisch möglich ist, Wasserstoff zu einem deutlich höheren Prozentsatz in ein existierendes Gasnetz einzuspeisen, als es die Technischen Regeln des DVGW vorsehen. Die Ergebnisse des Projektes haben Bedeutung für die gesamte Gaswirtschaft und dienen als Vorbild für den zukünftigen Einsatz von Wasserstoff in Gasverteilnetzen.

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