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Wind­kraft­an­la­gen im Fak­ten­check

Rund 2.800 Wind­kraft­an­la­gen sor­gen in Sachsen-​Anhalt ak­tu­ell für sau­be­ren Strom, in den kom­men­den Jah­ren sol­len es noch mehr wer­den. Al­ler­dings gibt es ver­ein­zelt immer wie­der auch Vor­be­hal­te gegen Wind­rä­der. Der fol­gen­de Fak­ten­check be­ant­wor­tet die häu­figs­ten Fra­gen.

Wie viel kli­ma­schäd­li­ches Koh­len­di­oxid fällt bei der Her­stel­lung von Wind­kraft­an­la­gen an?

Das Um­welt­bun­des­amt hat im Jahr 2021 die Öko­bi­lanz von Wind­kraft­an­la­gen un­ter­sucht. Je nach Stand­ort ergab sich für den kom­plet­ten Le­bens­zy­klus einer Wind­kraft­an­la­ge in­klu­si­ve Re­cy­cling ein Treib­haus­aus­stoß von durch­schnitt­lich 10,6 Gramm Koh­len­di­oxid pro Ki­lo­watt­stun­de Strom.

Ein we­sent­li­cher Grund hier­für ist der Ein­satz fos­si­ler En­er­gien bei der Her­stel­lung von Stahl und Ze­ment, der für den Bau der An­la­gen er­for­der­lich ist. Da die Strom­erzeu­gung selbst aber weit­ge­hend CO2-frei er­folgt, ver­mei­den Wind­ener­gie­an­la­gen im Laufe ihrer Le­bens­dau­er deut­lich mehr Treib­haus­gas, als bei ihrer Pro­duk­ti­on frei­ge­setzt wurde. Je nach Stand­ort gehen Ex­per­ten davon aus, dass sich eine An­la­ge be­reits nach fünf bis sie­ben Mo­na­ten en­er­ge­tisch amor­ti­siert – bei einer Lauf­zeit von bis zu 25 Jah­ren. Und: Wer­den en­er­gie­in­ten­si­ve Ma­te­ria­li­en wie Stahl und Ze­ment in Zu­kunft nach­hal­tig her­ge­stellt, bei­spiels­wei­se mit Hilfe von grü­nem Was­ser­stoff, ver­bes­sert sich die oh­ne­hin gute Öko­bi­lanz der Wind­kraft­an­la­gen noch­mals deut­lich.

Be­reits heute ist die Öko­bi­lanz von Wind­kraft­an­la­gen aber schon er­heb­lich bes­ser als die an­de­rer En­er­gie­er­zeu­gungs­an­la­gen: Bei Atom­kraft fal­len 67,8 Gramm Koh­len­di­oxid pro Ki­lo­watt­stun­de (g CO2e/kWh) an, bei Erd­gas 433 g CO2e/kWh und bei Braun­koh­le 1.054 g CO2e/kWh. Deut­lich bes­ser als Atom­kraft, Erd­gas und Kohle schnei­det auch die Pho­to­vol­ta­ik ab. Je nach Stand­ort der An­la­gen und Her­stel­lungs­land schwan­ken die Werte zwi­schen 20 und 40 g CO2e/kWh.

Kohle-​ und Erd­gas­kraft­wer­ke, die bei der Strom­erzeu­gung CO2 frei­set­zen, wer­den im Ver­gleich zu Strom­erzeu­gungs­an­la­gen ohne nen­nens­wer­ten CO2-​Ausstoß wie etwa Wind­ener­gie­an­la­gen immer eine schlech­te­re Bi­lanz haben.

Spei­chert Wald mehr Koh­len­di­oxid als eine mo­der­ne Wind­kraft­an­la­ge?

Eine Wind­kraft­an­la­ge im Wald be­nö­tigt eine dau­er­haft freie Flä­che von etwa 0,5 Hekt­ar. Für die Bau­pha­se wer­den zu­sätz­lich durch­schnitt­lich 0,4 Hekt­ar be­nö­tigt. Ein Hekt­ar Wald bin­det pro Jahr ca. 10 Ton­nen CO2. Im Ver­gleich dazu steht eine jähr­li­che CO2e-​Vermeidung einer mo­der­nen Wind­kraft­an­la­ge von ca. 10.000 Ton­nen. Die Ein­spa­rung ist dem­nach etwa 770 Mal so hoch wie die CO2-​Bindung durch den Wald.

Wie oft fan­gen Wind­kraft­an­la­gen Feuer?

In An­be­tracht von deutsch­land­weit fast 29.000 in­stal­lier­ten Wind­rä­dern und rund 2.800 An­la­gen in Sachsen-​Anhalt sind Brän­de ex­trem sel­ten. Ur­sa­che ist dann zu­meist ein tech­ni­scher De­fekt in der Gon­del. Durch re­gel­mä­ßi­ge War­tungs­ar­bei­ten kann die­ses Ri­si­ko mi­ni­miert wer­den. Of­fi­zi­el­le Sta­tis­ti­ken gibt es zu die­sem Thema nicht.

Kön­nen bren­nen­de Wind­kraft­an­la­gen ge­löscht wer­den?

Mo­der­ne Wind­kraft­an­la­gen haben eine Na­ben­hö­he von mehr als 160 Me­tern. In die­ser Höhe kön­nen Feu­er­weh­ren Brän­de im Re­gel­fall nicht lö­schen, zumal die Ein­satz­fahr­zeu­ge aus Grün­den des Selbst­schut­zes au­ßer­halb des zu er­war­ten­den Trüm­mer­schat­tens blei­ben müs­sen. Auch bren­nen­de Trüm­mer­tei­le am Boden kön­nen nur unter Be­ach­tung der not­wen­di­gen Si­cher­heits­ab­stän­de ge­löscht wer­den. Im Re­gel­fall kön­nen die Ein­satz­kräf­te also nur si­cher­stel­len, dass An­la­gen, die Feuer ge­fan­gen haben, kon­trol­liert ab­bren­nen und keine wei­te­ren Schä­den ent­ste­hen.

Sind bren­nen­de Wind­kraft­an­la­gen im Wald nicht be­son­ders ge­fähr­lich?

Bei der Pla­nung von Wind­ener­gie­an­la­gen in Wald­ge­bie­ten müs­sen Maß­nah­men des vor­beu­gen­den Brand­schut­zes und wald­bau­li­che Maß­nah­men zum Schutz des Wal­des be­ach­tet wer­den. Dazu zählt die Si­cher­stel­lung der Lösch­was­ser­ver­sor­gung, die dau­er­haf­te Be­gren­zung des Bo­den­be­wuch­ses zur Ver­mei­dung in­ten­si­ver Bo­den­feu­er sowie die Pla­nung ent­spre­chen­der Zu­fahr­ten für die Feu­er­wehr au­ßer­halb des Trüm­mer­schat­tens.

Stellt In­fra­schall von Wind­kraft­an­la­gen eine Ge­sund­heits­ge­fahr für Men­schen dar?

Der von mo­der­nen Wind­kraft­an­la­gen er­zeug­te In­fra­schall – also Schall un­ter­halb des mensch­li­chen Hör­be­reichs – liegt selbst in kur­zen Ab­stän­den zwi­schen 150 und 300 Me­tern deut­lich un­ter­halb der Wahr­neh­mungs­schwel­le des Men­schen. Damit sind Ge­sund­heits­schä­den und er­heb­li­che Be­läs­ti­gun­gen nach der­zei­ti­gem Er­kennt­nis­stand nicht zu er­war­ten. An­hand der ak­tu­el­len Stu­di­en­la­ge gilt es als un­wahr­schein­lich, dass Wind­kraft­an­la­gen mit In­fra­schall Stress und an­de­re kör­per­li­che oder psy­chi­sche Sym­pto­me aus­lö­sen kön­nen.

Ge­fähr­det In­fra­schall von Wind­kraft­an­la­gen Tiere?

Nach ak­tu­el­lem Kennt­nis­stand nicht. Nach Re­cher­chen der wis­sen­schaft­li­chen Diens­te des Bun­des­ta­ges lie­gen ge­si­cher­te Nach­wei­se für eine Wahr­neh­mung von In­fra­schall bis­lang nur für sehr we­ni­ge Tier­ar­ten vor, die in Sachsen-​Anhalt nicht wild­le­bend vor­kom­men. Dazu zäh­len Wale, Ele­fan­ten und Fluss­pfer­de.

Wie schäd­lich sind Wind­kraft­an­la­gen für die Ar­ten­viel­falt in Wäl­dern?

Pau­schal lässt sich das nicht be­ant­wor­ten. Grund­sätz­lich gibt es Windkraft-​sensible Ar­ten­grup­pen wie Fle­der­mäu­se und Greif­vö­gel. Es kommt al­ler­dings auch dar­auf an, ob die Arten in den Ge­bie­ten vor­kom­men, in denen ein Zubau von Wind­kraft­an­la­gen er­fol­gen soll. Im öf­fent­li­chen Dis­kurs geht es zu­meist um so ge­nann­te Ka­la­mi­täts­flä­chen. Dar­un­ter sind unter an­de­rem ar­ten­ar­me Flä­chen ab­ge­stor­be­ner Fich­ten­wäl­der zu ver­ste­hen. Die Ge­neh­mi­gung von Wind­kraft­pro­jek­ten auf Wald­flä­chen kann mit Ausgleichs-​ und Er­satz­maß­nah­men ver­bun­den wer­den. Dar­über ent­schei­det die zu­stän­di­ge un­te­re Forst­be­hör­de im Ein­zel­fall.

Gehen von Wind­kraft­an­la­gen Fein­staub­be­las­tun­gen oder an­de­re Ge­sund­heits­ge­fah­ren aus?

Nach der­zei­ti­gem Kennt­nis­stand leis­ten et­wa­ige Staub­frei­set­zun­gen beim Be­trieb von Wind­ener­gie­an­la­gen kei­nen si­gni­fi­kan­ten Bei­trag zur Staub­be­las­tung in der at­mo­sphä­ri­schen Luft.

Grund­sätz­lich un­ter­lie­gen alle An­la­gen, Ma­schi­nen, Ge­rä­te und Fahr­zeu­ge mit sich be­we­gen­den Bau­tei­len einem er­höh­ten Ver­schleiß durch Ma­te­ri­al­ab­rieb. Wind­ener­gie­an­la­gen sind hier­von nicht aus­ge­nom­men. Dar­über hin­aus er­gibt sich bei Wind­ener­gie­an­la­gen ein ver­stärk­ter Ab­rieb in­fol­ge von Be­schä­di­gun­gen an Ro­tor­blät­tern durch nie­der­schlags­be­ding­te Ero­si­on an der Vor­der­kan­te. Al­ler­dings wer­den ge­zielt Ober­flä­chen­be­schich­tungs­sys­te­me auf die Ro­tor­blät­ter­flä­chen auf­ge­tra­gen, wo­durch eine er­höh­te Be­stän­dig­keit vor Ver­wit­te­rung und Ab­rieb er­zielt wird.

Nach einer sehr gro­ben, obe­ren Schät­zung er­gibt sich ein ma­xi­ma­ler Ma­te­ri­al­ab­trag an Wind­ener­gie­an­la­gen in Deutsch­land durch Ero­si­on von ca. 1.400 Ton­nen/Jahr. Im Ver­gleich dazu wer­den Ab­rieb­wer­te von Rei­fen mit ca. 102.000 Ton­nen/Jahr und von Schuh­soh­len mit ca. 9.000 Ton­nen/Jahr an­ge­ge­ben.

Be­ein­flus­sen Wind­kraft­an­la­gen das ört­li­che Klima?

In der Um­ge­bung von Wind­kraft­an­la­gen kommt es nach der­zei­ti­gem wis­sen­schaft­li­chen Er­kennt­nis­stand nachts zu Tem­pe­ra­tur­er­hö­hun­gen in den un­te­ren Luft­schich­ten, die ihre Ur­sa­che in der ver­ti­ka­len Durch­mi­schung der un­ter­schied­li­chen Luft­schich­ten durch den Be­trieb der Wind­kraft­an­la­gen haben. An­ders als mit­un­ter be­haup­tet, kann die­ser so ge­nann­te mi­kro­kli­ma­ti­sche Wech­sel je­doch keine Dür­ren her­vor­ru­fen. Wis­sen­schaft­ler füh­ren zu­neh­men­de Hitze-​ und Dür­re­pe­ri­oden in Deutsch­land viel­mehr auf den Kli­ma­wan­del zu­rück.

Wie kom­pli­ziert ist das Re­cy­cling von Wind­kraft­an­la­gen?

Eine Wind­kraft­an­la­ge ist hin­sicht­lich der Mas­se­bi­lanz fast voll­stän­dig re­cy­cling­fä­hig. Die Haupt­kom­po­nen­ten sind Beton und Stahl. Die Ro­tor­blät­ter be­stehen al­ler­dings zu­meist aus glas­fa­ser­ver­stärk­ten Kunst­stof­fen (GFK). Die Ent­sor­gung sowie das Re­cy­cling die­ser GFK-​Fasern ist auf­grund des kom­ple­xen Ma­te­ri­al­ver­bun­des aus Glas­fa­sern und Kunst­stoff­ma­trix für die Ab­fall­wirt­schaft eine große Her­aus­for­de­rung. Hoch­wer­ti­ge Re­cy­cling­ver­fah­ren zur Tren­nung des Ma­te­ri­al­ver­bun­des haben sich bis­lang noch nicht am Markt durch­ge­setzt. Hoch­wer­ti­ge Ent­sor­gungs­mög­lich­kei­ten zur Rück­ge­win­nung der Fa­sern be­fin­den sich ge­gen­wär­tig vor­wie­gend noch im Sta­di­um der For­schung und Ent­wick­lung. Bis­her ist die Ver­wer­tung ins­be­son­de­re durch den Ein­satz in Ze­ment­wer­ken ge­prägt. Nach der Zer­klei­ne­rung wer­den die GFK-​Anteile als Brenn­stoff zur Wär­me­er­zeu­gung oder als Zu­schlags­stoff für die Zement-​ oder Be­ton­her­stel­lung ver­wen­det.

Einen deut­lich in­no­va­ti­ve­ren Weg be­schrei­tet die NOVO-​TECH GmbH aus Aschers­le­ben (Salz­land­kreis). Das Un­ter­neh­men re­cy­celt die GFK-​Fasern aus ge­brauch­ten Ro­tor­blät­tern und stellt dar­aus seit 2023 u. a. Ter­ras­sen­die­len her.

Der Rück­bau der Fun­da­men­te und die Wie­der­her­stel­lung der Bo­den­funk­ti­on wird über Ne­ben­be­stim­mun­gen in der An­la­gen­ge­neh­mi­gung si­cher­ge­stellt.

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Re­fe­rat En­er­gie­wen­de, Was­ser­stoff­wirt­schaft, En­er­gie­märk­te, En­er­gie­ef­fi­zi­enz, Wär­me­wen­de

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Kom­mu­na­le Wär­me­pla­nung – Fahr­plan für das kli­ma­neu­tra­le Hei­zen

Um die Aus­wir­kun­gen des fort­schrei­ten­den Kli­ma­wan­dels in den kom­men­den Jahr­zehn­ten zu be­gren­zen, will Deutsch­land bis 2045 CO₂-​neutral wer­den. Die­ses Ziel er­for­dert um­fas­sen­de Maß­nah­men in ver­schie­de­nen Be­rei­chen, dar­un­ter Ver­kehr, Strom­erzeu­gung und ins­be­son­de­re Wär­me­ver­sor­gung. Ein zen­tra­ler Schritt in Rich­tung kli­ma­neu­tra­les Hei­zen ist die Ein­füh­rung der kom­mu­na­len Wär­me­pla­nung. Hier sind die wich­tigs­ten Fra­gen und Ant­wor­ten dazu im Über­blick.

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