Windkraftanlagen im Faktencheck
Rund 2.800 Windkraftanlagen sorgen in Sachsen-Anhalt aktuell für sauberen Strom, in den kommenden Jahren sollen es noch mehr werden. Allerdings gibt es vereinzelt immer wieder auch Vorbehalte gegen Windräder. Der folgende Faktencheck beantwortet die häufigsten Fragen.
- Wie viel klimaschädliches Kohlendioxid fällt bei der Herstellung von Windkraftanlagen an?
- Speichert Wald mehr Kohlendioxid als eine moderne Windkraftanlage?
- Wie oft fangen Windkraftanlagen Feuer?
- Können brennende Windkraftanlagen gelöscht werden?
- Sind brennende Windkraftanlagen im Wald nicht besonders gefährlich?
- Stellt Infraschall von Windkraftanlagen eine Gesundheitsgefahr für Menschen dar?
- Gefährdet Infraschall von Windkraftanlagen Tiere?
- Wie schädlich sind Windkraftanlagen für die Artenvielfalt in Wäldern?
- Gehen von Windkraftanlagen Feinstaubbelastungen oder andere Gesundheitsgefahren aus?
- Beeinflussen Windkraftanlagen das örtliche Klima?
- Wie kompliziert ist das Recycling von Windkraftanlagen?
Wie viel klimaschädliches Kohlendioxid fällt bei der Herstellung von Windkraftanlagen an?
Das Umweltbundesamt hat im Jahr 2021 die Ökobilanz von Windkraftanlagen untersucht. Je nach Standort ergab sich für den kompletten Lebenszyklus einer Windkraftanlage inklusive Recycling ein Treibhausausstoß von durchschnittlich 10,6 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde Strom.
Ein wesentlicher Grund hierfür ist der Einsatz fossiler Energien bei der Herstellung von Stahl und Zement, der für den Bau der Anlagen erforderlich ist. Da die Stromerzeugung selbst aber weitgehend CO2-frei erfolgt, vermeiden Windenergieanlagen im Laufe ihrer Lebensdauer deutlich mehr Treibhausgas, als bei ihrer Produktion freigesetzt wurde. Je nach Standort gehen Experten davon aus, dass sich eine Anlage bereits nach fünf bis sieben Monaten energetisch amortisiert – bei einer Laufzeit von bis zu 25 Jahren. Und: Werden energieintensive Materialien wie Stahl und Zement in Zukunft nachhaltig hergestellt, beispielsweise mit Hilfe von grünem Wasserstoff, verbessert sich die ohnehin gute Ökobilanz der Windkraftanlagen nochmals deutlich.
Bereits heute ist die Ökobilanz von Windkraftanlagen aber schon erheblich besser als die anderer Energieerzeugungsanlagen: Bei Atomkraft fallen 67,8 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde (g CO2e/kWh) an, bei Erdgas 433 g CO2e/kWh und bei Braunkohle 1.054 g CO2e/kWh. Deutlich besser als Atomkraft, Erdgas und Kohle schneidet auch die Photovoltaik ab. Je nach Standort der Anlagen und Herstellungsland schwanken die Werte zwischen 20 und 40 g CO2e/kWh.
Kohle- und Erdgaskraftwerke, die bei der Stromerzeugung CO2 freisetzen, werden im Vergleich zu Stromerzeugungsanlagen ohne nennenswerten CO2-Ausstoß wie etwa Windenergieanlagen immer eine schlechtere Bilanz haben.
Speichert Wald mehr Kohlendioxid als eine moderne Windkraftanlage?
Eine Windkraftanlage im Wald benötigt eine dauerhaft freie Fläche von etwa 0,5 Hektar. Für die Bauphase werden zusätzlich durchschnittlich 0,4 Hektar benötigt. Ein Hektar Wald bindet pro Jahr ca. 10 Tonnen CO2. Im Vergleich dazu steht eine jährliche CO2e-Vermeidung einer modernen Windkraftanlage von ca. 10.000 Tonnen. Die Einsparung ist demnach etwa 770 Mal so hoch wie die CO2-Bindung durch den Wald.
Wie oft fangen Windkraftanlagen Feuer?
In Anbetracht von deutschlandweit fast 29.000 installierten Windrädern und rund 2.800 Anlagen in Sachsen-Anhalt sind Brände extrem selten. Ursache ist dann zumeist ein technischer Defekt in der Gondel. Durch regelmäßige Wartungsarbeiten kann dieses Risiko minimiert werden. Offizielle Statistiken gibt es zu diesem Thema nicht.
Können brennende Windkraftanlagen gelöscht werden?
Moderne Windkraftanlagen haben eine Nabenhöhe von mehr als 160 Metern. In dieser Höhe können Feuerwehren Brände im Regelfall nicht löschen, zumal die Einsatzfahrzeuge aus Gründen des Selbstschutzes außerhalb des zu erwartenden Trümmerschattens bleiben müssen. Auch brennende Trümmerteile am Boden können nur unter Beachtung der notwendigen Sicherheitsabstände gelöscht werden. Im Regelfall können die Einsatzkräfte also nur sicherstellen, dass Anlagen, die Feuer gefangen haben, kontrolliert abbrennen und keine weiteren Schäden entstehen.
Sind brennende Windkraftanlagen im Wald nicht besonders gefährlich?
Bei der Planung von Windenergieanlagen in Waldgebieten müssen Maßnahmen des vorbeugenden Brandschutzes und waldbauliche Maßnahmen zum Schutz des Waldes beachtet werden. Dazu zählt die Sicherstellung der Löschwasserversorgung, die dauerhafte Begrenzung des Bodenbewuchses zur Vermeidung intensiver Bodenfeuer sowie die Planung entsprechender Zufahrten für die Feuerwehr außerhalb des Trümmerschattens.
Stellt Infraschall von Windkraftanlagen eine Gesundheitsgefahr für Menschen dar?
Der von modernen Windkraftanlagen erzeugte Infraschall – also Schall unterhalb des menschlichen Hörbereichs – liegt selbst in kurzen Abständen zwischen 150 und 300 Metern deutlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen. Damit sind Gesundheitsschäden und erhebliche Belästigungen nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht zu erwarten. Anhand der aktuellen Studienlage gilt es als unwahrscheinlich, dass Windkraftanlagen mit Infraschall Stress und andere körperliche oder psychische Symptome auslösen können.
Gefährdet Infraschall von Windkraftanlagen Tiere?
Nach aktuellem Kenntnisstand nicht. Nach Recherchen der wissenschaftlichen Dienste des Bundestages liegen gesicherte Nachweise für eine Wahrnehmung von Infraschall bislang nur für sehr wenige Tierarten vor, die in Sachsen-Anhalt nicht wildlebend vorkommen. Dazu zählen Wale, Elefanten und Flusspferde.
Wie schädlich sind Windkraftanlagen für die Artenvielfalt in Wäldern?
Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Grundsätzlich gibt es Windkraft-sensible Artengruppen wie Fledermäuse und Greifvögel. Es kommt allerdings auch darauf an, ob die Arten in den Gebieten vorkommen, in denen ein Zubau von Windkraftanlagen erfolgen soll. Im öffentlichen Diskurs geht es zumeist um so genannte Kalamitätsflächen. Darunter sind unter anderem artenarme Flächen abgestorbener Fichtenwälder zu verstehen. Die Genehmigung von Windkraftprojekten auf Waldflächen kann mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen verbunden werden. Darüber entscheidet die zuständige untere Forstbehörde im Einzelfall.
Gehen von Windkraftanlagen Feinstaubbelastungen oder andere Gesundheitsgefahren aus?
Nach derzeitigem Kenntnisstand leisten etwaige Staubfreisetzungen beim Betrieb von Windenergieanlagen keinen signifikanten Beitrag zur Staubbelastung in der atmosphärischen Luft.
Grundsätzlich unterliegen alle Anlagen, Maschinen, Geräte und Fahrzeuge mit sich bewegenden Bauteilen einem erhöhten Verschleiß durch Materialabrieb. Windenergieanlagen sind hiervon nicht ausgenommen. Darüber hinaus ergibt sich bei Windenergieanlagen ein verstärkter Abrieb infolge von Beschädigungen an Rotorblättern durch niederschlagsbedingte Erosion an der Vorderkante. Allerdings werden gezielt Oberflächenbeschichtungssysteme auf die Rotorblätterflächen aufgetragen, wodurch eine erhöhte Beständigkeit vor Verwitterung und Abrieb erzielt wird.
Nach einer sehr groben, oberen Schätzung ergibt sich ein maximaler Materialabtrag an Windenergieanlagen in Deutschland durch Erosion von ca. 1.400 Tonnen/Jahr. Im Vergleich dazu werden Abriebwerte von Reifen mit ca. 102.000 Tonnen/Jahr und von Schuhsohlen mit ca. 9.000 Tonnen/Jahr angegeben.
Beeinflussen Windkraftanlagen das örtliche Klima?
In der Umgebung von Windkraftanlagen kommt es nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand nachts zu Temperaturerhöhungen in den unteren Luftschichten, die ihre Ursache in der vertikalen Durchmischung der unterschiedlichen Luftschichten durch den Betrieb der Windkraftanlagen haben. Anders als mitunter behauptet, kann dieser so genannte mikroklimatische Wechsel jedoch keine Dürren hervorrufen. Wissenschaftler führen zunehmende Hitze- und Dürreperioden in Deutschland vielmehr auf den Klimawandel zurück.
Wie kompliziert ist das Recycling von Windkraftanlagen?
Eine Windkraftanlage ist hinsichtlich der Massebilanz fast vollständig recyclingfähig. Die Hauptkomponenten sind Beton und Stahl. Die Rotorblätter bestehen allerdings zumeist aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK). Die Entsorgung sowie das Recycling dieser GFK-Fasern ist aufgrund des komplexen Materialverbundes aus Glasfasern und Kunststoffmatrix für die Abfallwirtschaft eine große Herausforderung. Hochwertige Recyclingverfahren zur Trennung des Materialverbundes haben sich bislang noch nicht am Markt durchgesetzt. Hochwertige Entsorgungsmöglichkeiten zur Rückgewinnung der Fasern befinden sich gegenwärtig vorwiegend noch im Stadium der Forschung und Entwicklung. Bisher ist die Verwertung insbesondere durch den Einsatz in Zementwerken geprägt. Nach der Zerkleinerung werden die GFK-Anteile als Brennstoff zur Wärmeerzeugung oder als Zuschlagsstoff für die Zement- oder Betonherstellung verwendet.
Einen deutlich innovativeren Weg beschreitet die NOVO-TECH GmbH aus Aschersleben (Salzlandkreis). Das Unternehmen recycelt die GFK-Fasern aus gebrauchten Rotorblättern und stellt daraus seit 2023 u. a. Terrassendielen her.
Der Rückbau der Fundamente und die Wiederherstellung der Bodenfunktion wird über Nebenbestimmungen in der Anlagengenehmigung sichergestellt.