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Wil­ling­mann gegen Lauf­zeit­ver­län­ge­rung für Atom­kraft­wer­ke in Deutsch­land

Jah­res­tag der Re­ak­tor­ka­ta­stro­phe von Tscher­no­byl

Bis heute zählt die Kern­schmel­ze und Re­ak­tor­ex­plo­si­on im Atom­kraft­werk Tscher­no­byl, die sich vor genau 36 Jah­ren er­eig­net hat, zu den schwers­ten Un­fäl­len in der Ge­schich­te der Kern­ener­gie. Auf­grund der Re­ak­tor­ka­ta­stro­phe am 26. April 1986 muss­ten bis zu 350.000 Men­schen eva­ku­iert und dau­er­haft um­ge­sie­delt wer­den. Wol­ken mit ra­dio­ak­ti­ven Stof­fen ver­teil­ten sich zu­nächst über weite Teile Eu­ro­pas, spä­ter über die ge­sam­te nörd­li­che Halb­ku­gel. In­ter­na­tio­na­le Ärzte-​ und Um­welt­schutz­or­ga­ni­sa­tio­nen gehen davon aus, dass neben zahl­rei­chen Ber­gungs­ar­bei­tern, die un­mit­tel­bar ver­strahlt wur­den, mehr als 100.000 Men­schen in den fol­gen­den Jahr­zehn­ten an Spät­fol­gen wie Krebs­er­kran­kun­gen ge­stor­ben sind.

„Die Re­ak­tor­ka­ta­stro­phe von Tscher­no­byl ist und bleibt ein schreck­li­cher Beleg dafür, dass die Nut­zung von Kern­ener­gie nie ri­si­ko­frei und im Falle eines schwe­ren Un­falls oder gar einer Ka­ta­stro­phe stets fol­gen­schwer sein wird“, er­klär­te Sachsen-​Anhalts En­er­gie­mi­nis­ter Prof. Dr. Armin Wil­ling­mann am heu­ti­gen Diens­tag. „Seit zwei Mo­na­ten müs­sen wir zudem in der Ukrai­ne er­le­ben, dass auch Atom­kraft­wer­ke zu Kriegs­schau­plät­zen wer­den kön­nen. In­so­weit soll­ten wir froh dar­über sein, dass wir uns in einem brei­ten ge­sell­schaft­li­chen Kon­sens 2011 – nach der Nu­kle­ar­ka­ta­stro­phe von Fu­ku­shi­ma – auf den Aus­stieg aus der Atom­kraft bis Ende die­ses Jah­res ver­stän­digt haben.“

Ende 2022 sol­len die letz­ten drei am Strom­netz ver­blie­be­nen Atom­kraft­wer­ke „Isar 2“, „Ems­land“ und „Ne­ckar­west­heim 2“ ab­ge­schal­tet wer­den. Eine Lauf­zeit­ver­län­ge­rung auf­grund des Kriegs in der Ukrai­ne lehnt Wil­ling­mann unter Hin­weis dar­auf ab, dass bei der Nut­zung der Kern­kraft eben­falls nicht wün­schens­wer­te Ab­hän­gig­kei­ten be­stün­den, da eu­ro­pa­weit Uran im We­sent­li­chen von Russ­land und Ka­sach­stan be­zo­gen werde. „Neben der Tat­sa­che, dass sich die Be­trei­ber über Jahre auf das Lauf­zeit­ende der Kern­kraft­wer­ke in Deutsch­land ein­ge­stellt haben und ent­spre­chend beim Per­so­nal, der Be­schaf­fung und dem Be­trieb pla­nen, bleibt Kern­kraft die teu­ers­te Art, Strom zu pro­du­zie­ren. Auch weil das End­la­ger­pro­blem wei­ter­hin welt­weit un­ge­löst ist“, be­ton­te Wil­ling­mann. „In­so­fern halte ich nichts von einer Ver­län­ge­rung der Lauf­zei­ten für die ver­blie­be­nen Kraft­wer­ke. Un­ab­hän­gig von den durch den Krieg in der Ukrai­ne ver­deut­lich­ten zu­sätz­li­chen Ri­si­ken bei ge­walt­sa­men Kon­flik­ten. Wir brau­chen keine kurz­fris­ti­ge Ver­län­ge­rung von Lauf­zei­ten, son­dern mehr Un­ab­hän­gig­keit durch die Di­ver­si­fi­zie­rung von Im­por­ten fos­si­ler En­er­gie­trä­ger sowie einen be­schleu­nig­ten Aus­bau Er­neu­er­ba­rer En­er­gien.“

Die Re­ak­tor­ka­ta­stro­phe von Tscher­no­byl führ­te nach An­ga­ben des Bun­des­am­tes für Strah­len­schutz (BfS) 1986 auch zu er­höh­ten Strah­len­be­las­tun­gen in Deutsch­land. Auf­grund von hef­ti­gen lo­ka­len Nie­der­schlä­gen war der Süden Deutsch­lands deut­lich höher be­las­tet als der Nor­den. So kam es im Baye­ri­schen Wald und süd­lich der Donau zu lo­ka­len Ab­la­ge­run­gen von bis zu 100.000 Bec­que­rel (Bq) Cä­si­um pro Qua­drat­me­ter. In der nord­deut­schen Tief­ebe­ne be­trug die Ak­ti­vi­täts­ab­la­ge­rung die­ses Ra­dio­nu­klids da­ge­gen sel­ten mehr als 4.000 Bq pro Qua­drat­me­ter. Für die Strah­len­ex­po­si­ti­on des Men­schen in­fol­ge der Re­ak­tor­ka­ta­stro­phe waren be­son­ders ra­dio­ak­ti­ves Cä­si­um (Cs-137 und Cs-134) mit einer Halb­werts­zeit von 30 Jah­ren und Jod (I-131) mit einer Halb­werts­zeit von 8,02 Tagen von Be­deu­tung.

Ra­dio­ak­ti­ve Stäu­be, Dämp­fe und Ae­ro­so­le reg­ne­ten über Mag­de­burg ab

Im da­ma­li­gen Be­zirk Mag­de­burg wur­den in Folge der Re­ak­tor­ka­ta­stro­phe zahl­rei­che Ra­dio­ak­ti­vi­täts­mes­sun­gen durch das Bezirks-​Hygieneinstitut durch­ge­führt. Be­rich­ten des In­sti­tuts zu­fol­ge wurde durch die Mes­sun­gen eine 100- bis 500-mal hö­he­re Ra­dio­ak­ti­vi­tät in der Luft als vor dem Ein­tritt des Er­eig­nis­ses nach­ge­wie­sen. Fer­ner wur­den auf­grund schwe­rer Ge­wit­ter in Mag­de­burg in der Nacht vom 5. zum 6. Mai 1986 ra­dio­ak­ti­ve Stäu­be, Dämp­fe und Ae­ro­so­le aus der At­mo­sphä­re auf den Boden ab­ge­reg­net. In Re­gen­was­ser wurde ein An­stieg der Ra­dio­ak­ti­vi­tät auf bis zu 44.000 Bq je Liter, in Wie­sen­kräu­tern bis 76.000 Bq je Ki­lo­gramm und in Gar­ten­er­de bis 40.000 Bq je Ki­lo­gramm ge­mes­sen und mit der Aus­gangs­si­tua­ti­on be­zie­hungs­wei­se Richt­wer­ten ver­gli­chen. Der spon­ta­ne An­stieg der Strah­len­be­las­tung im Ver­gleich zur na­tür­li­chen Hin­ter­grund­be­las­tung auf das Hundert-​ bis Tau­send­fa­che hätte zu Vor­sor­ge­maß­nah­men füh­ren müs­sen, die ent­spre­chend dem Be­richt je­doch aus­blie­ben.

Heute spielt in Mit­tel­eu­ro­pa prak­tisch nur noch das lang­le­bi­ge Cä­si­um Cs-137 eine Rolle. Die­ses Ra­dio­nu­klid ist auf Grund sei­ner Halb­werts­zeit von etwa 30 Jah­ren seit 1986 bis heute nur etwa zur Hälf­te zer­fal­len.  

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen zur Re­ak­tor­ka­ta­stro­phe von Tscher­no­byl bie­tet das Bun­des­amt für Strah­len­schutz (BfS) auf sei­nen Internet-​Seiten.

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