Wie kann Sachsen-Anhalts energieintensive Industrie die Transformation hin zur Klimaneutralität erfolgreich meistern? Wo liegen große Herausforderungen und Chancen? Und welche Unterstützung ist erforderlich? Diese Fragen stehen im Fokus der vom Energieministerium in Auftrag gegebenen „SETUp“-Studie des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF. Sie wurde am Mittwoch in Magdeburg im Beisein von Energie-Staatssekretär Thomas Wünsch sowie weiteren Fachleuten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft bei einem von IFF und Landesenergieagentur organisierten Dialogforum vorgestellt.
Wichtigstes Ergebnis: Für die klimaneutrale Transformation der heimischen energieintensiven Industrien gibt es kein Patentrezept. Vielmehr braucht es aufgrund der sehr unterschiedlichen technologischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Unternehmen und Branchen flexible Maßnahmen. Im Fokus stehen dabei die weitere Integration erneuerbarer Energien, die Elektrifizierung der Produktion und der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur sowie Kreislaufwirtschaftskonzepte für unvermeidbare CO₂-Emissionen.
Um die Transformation zu unterstützen, ist im nächsten Schritt nun die Gründung eines branchenübergreifenden SETUp-Kooperationsnetzwerks aus energieintensiver Industrie, Forschung und Landesenergieagentur geplant. Innerhalb dieser Plattform sollen u.a. eine Transformations-Roadmap mit kurz-, mittel- und langfristigen Unterstützungsmaßnahmen erarbeitet sowie innovative Finanzierungsmodelle für Investitionen in grüne Technologien entwickelt werden. Die Netzwerkarbeit soll auch dazu beitragen, bürokratische Hürden abzubauen und Genehmigungsprozesse zu beschleunigen.
Energieintensive Industrien spielen eine zentrale Rolle für die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Branchen wie Chemie, Metallverarbeitung, Glas/Keramik, Papier, Zement und Nahrungsmittelproduktion dominieren das Verarbeitende Gewerbe: Nach Erhebungen des IFF stehen sie mit rund 67.000 Beschäftigten für 53 Prozent der Arbeitsplätze, erwirtschaften 59 Prozent des Umsatzes (gut 34 Milliarden Euro) und verbrauchen 71 Prozent der Energie (45.500 Gigawattstunden). Gleichzeitig verursachen sie 37 Prozent der CO₂-Emissionen im Land (rund 10,7 Millionen Tonnen).
„Klimaneutralität funktioniert nur mit einer erfolgreichen Transformation der energieintensiven Industrie. Umso wichtiger ist es, die heimischen Unternehmen bei der Umstellung ihrer Prozesse hin zu mehr Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zu unterstützen. Das ist eine gewaltige Herausforderung, die alle Beteiligten aber gemeinsam meistern können“, betonte Wünsch. Dies gelte gerade mit Blick auf die aktuell schwierigen Rahmenbedingungen mit hohen Energiekosten und sinkender Wettbewerbsfähigkeit. „Wir müssen in eine klimafreundliche Energieversorgung unserer energieintensiven Industrien investieren, um langfristig Zukunftsfähigkeit und Produktionssicherheit zu sichern.“
„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die energetische Transformation durch ein gemeinsames Vorgehen von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik erfolgreich umgesetzt und vorangetrieben werden kann. Die erarbeiteten Maßnahmen müssen nun gemeinsam mit der Industrie validiert und in die Umsetzung gebracht werden. Dafür haben wir konkrete Projektideen, die wir mit den Unternehmen im Konsortium kurz- bis mittelfristig umsetzen können“, sagt Dr.-Ing. Franziska Sondej, Projektleiterin am Fraunhofer IFF.
Kern der Studie ist eine systematische Analyse der Herausforderungen und Bedarfe energieintensiver Industrien in Sachsen-Anhalt. Auch auf Basis einer Unternehmensbefragung wird darüber hinaus betrachtet, welche firmenspezifischen und standortbezogenen Transformationsstrategien zur Nutzung von Energie- und Ressourcenpotenzialen es im Land bereits gibt. Die Studie identifiziert dabei drei zentrale Handlungsfelder: die Stärkung von Energieeffizienz und Integration erneuerbarer Energien, eine stärkere Elektrifizierung von Produktionsprozessen und der Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur sowie die Etablierung einer CO₂-Kreislaufwirtschaft, um CO2 vorrangig als Rohstoff für neue Wertschöpfungsketten zu nutzen und energieintensive Industrien nachhaltig zu dekarbonisieren. Die Studie empfiehlt dafür den Aufbau einer CO2-Infrastruktur für Abscheidung, Transport und Weiterverarbeitung.
Zur Studie „SETUp SACHSEN-ANHALT. Systemische und nachhaltige Energietransformation für die Zukunft der energieintensiven Grundstoffindustrie“: https://lsaurl.de/setupstudie.