In Kiel treffen sich am Donnerstag und Freitag die Energieministerinnen und Minister der Länder zu ihrer Frühjahrskonferenz. Im Fokus werden dabei die Wärmewende sowie der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft stehen. Sachsen-Anhalts Energieminister Prof. Dr. Armin Willingmann will die Konferenz insbesondere nutzen, um für eine nachhaltige Finanzierung der Wärmewende zu werben. „Wir müssen jetzt die Weichen für eine auskömmliche Finanzierung der Wärmewende stellen, weil notwendige Planungen und Investitionen sonst nicht rechtzeitig auf den Weg gebracht werden“, erklärte Willingmann bei einem Pressegespräch am heutigen Mittwoch. „Kommunen und Energieversorger können die immensen Kosten nicht alleine stemmen. Da braucht es jetzt rasch Klarheit seitens des Bundes!“
Willingmann verwies auf eine Einschätzung des Normenkontrollrats, wonach die Kommunen in Deutschland allein für die Ausarbeitung von Wärmeplänen rund 800 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren benötigen. Der Bund hat bislang aber nur 500 Millionen Euro für den Zeitraum zwischen 2024 und 2028 eingeplant. „Von 60 eingereichten Förderanträgen von Kommunen aus Sachsen-Anhalt sind 45 noch immer ungeprüft“, kritisierte der Minister. Sachsen-Anhalt werde deshalb bei der Energieministerkonferenz eine Beschlussvorlage einbringen, die den Bund auffordert, die Finanzierung der Wärmewende abzusichern.
Einen noch viel größeren Unterstützungsbedarf sieht der Minister mit Blick auf notwendige Investitionen in die Wärmenetze. Er verweist in diesem Zusammenhang auf eine Studie der Energiewirtschaft, die einen deutschlandweiten Investitionsbedarf von 600 Milliarden Euro bis 2030 und einer Billion Euro bis 2045 prognostiziert. „Wenn wir das Ziel erreichen wollen, bis 2030 Wärme zu 50 Prozent und bis 2045 komplett mit Hilfe erneuerbarer Energien zu erzeugen, müssen wir jetzt die Weichen für ein nachhaltiges Finanzierungsmodell stellen“, betonte Willingmann.
Bei der Energieministerkonferenz in Kiel möchte der Energieminister deshalb für die Einrichtung eines Energiewendefonds auf Bundesebene werben. „Wir benötigen hier eine gemeinsame Kraftanstrengung des Staates und der Energiewirtschaft. Mit Hilfe eines Fonds könnte der Bund erforderliche private und kommunale Investitionen durch gezielte Risikoabsicherungen unterstützen und somit mehr privates Kapital mobilisieren“, erklärte Willingmann.
Willingmann: Hauseigentümer sollten auf klimaneutrale Heiztechnik umrüsten
Der Transformationsbedarf ist groß: aktuell heizt jeder zweite Haushalt in Sachsen-Anhalt (54,8 Prozent) mit Erdgas. 14,2 Prozent nutzen Öl, weitere 28,3 Prozent sind an das Fernwärmenetz angeschlossen. Der Anteil klimafreundlicher Wärmepumpen beträgt hingegen nur 5,3 Prozent. Bundesweit ergibt sich ein ähnliches Bild. „Dass wir hier nicht schon deutlich weiter sind, hängt auch mit der fatalen Kommunikation des Gebäudeenergiegesetzes im vergangenen Jahr zusammen“, kritisierte Willingmann und beklagte das Kommunikationsdesaster des so genannten „Heizungsgesetzes“. „Dadurch wurde ohne Not erhebliche Verunsicherung der Bevölkerung zugelassen“, so der Minister. Zahlreiche Eigentümer hatten im vergangenen Jahr anstelle von Wärmepumpen neue Gasheizungen einbauen lassen, weil sie ein kurzfristiges Verbot klimaschädlicher Heiztechnik fürchteten.
Der Energieminister rät Hauseigentümern dennoch, nach Möglichkeit auf klimaneutrale Heiztechnik umzusteigen: „Die Kosten für fossile Energieträger werden in der Tendenz weiter steigen. Energieversorger werden in den kommenden Jahren weniger Erdgas-Kunden haben und werden nicht umhin kommen, den verbliebenen Gasverbrauchern höhere Kosten, insbesondere auch Netzentgelte, in Rechnung zu stellen. Hinzu kommen steigende CO²-Preise und volatile Weltmarktpreise. Wer also heute eine neue Heizung installieren will, sollte das nachhaltig und klimafreundlich tun. Jedenfalls dann, wenn er die Heizung auch über 20, 30 Jahre sinnvoll nutzen will.“
Bund soll Aufbau der Wasserstoffwirtschaft vorantreiben
Zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft wird Sachsen-Anhalt ebenfalls einen Antrag für die Energieministerkonferenz vorbereiten, kündigte Willingmann an. „Wir wollen die Energieministerkonferenz nutzen, um beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft weiter aufs Tempo zu drücken“, so der Minister. Der Hochlauf der Zukunftsbranche sei eine große Herausforderung, weil Angebot, Infrastruktur und Nachfrage parallel aufgebaut werden müssten. Vorankommen müsse der Bund unter anderem bei der Entwicklung eines tragfähigen Finanzierungskonzepts für das Wasserstoff-Kernnetz. Der Investitionsbedarf für das Gesamtnetz liegt aktuell bei etwa 20 Milliarden Euro. Zudem müssten die Weichen für den weiteren Aufbau von Verteilnetzen sowie den Aufbau von Wasserstoffspeichern gestellt werden. „Auch hier gilt: wir müssen jetzt die Weichen stellen, um die ambitionierten Ziele bis 2045 zu erreichen“, betonte Willingmann.
Der Energieminister betonte zudem, dass Sachsen-Anhalt in Zukunft als Wasserstoffland eine führende Rolle spielen könnte. Einer Studie des Kölner Beratungsunternehmens r2b energy consulting könnte der Wasserstoffbedarf von aktuell zehn auf 30 Terrawattstunden steigen. Etwa drei Viertel des künftigen Bedarfs könnten wirtschaftlich in Sachsen-Anhalt erzeugt werden – mit positivem Nebeneffekt: Der Aufbau von Produktions-, Speicher- und Transportkapazitäten für grünen Wasserstoff sowie der ebenfalls notwendige weitere Ausbau erneuerbarer Energien würde rund 27.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen und die Wertschöpfung im Land um jährlich rund 1,5 Milliarden Euro erhöhen.