Der Wolf ist auch in Sachsen-Anhalt heimisch geworden, die Population nimmt aber nur noch moderat zu. Das geht aus dem aktuellen Monitoringbericht des Landesamtes für Umweltschutz (LAU) hervor, den Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann gemeinsam mit LAU-Präsidentin Dr. Sandra Hagel am Montag vorgestellt hat. Trotz überschaubar wachsender Wolfspopulation wurden im Berichtszeitraum von Mai 2022 bis April 2023 landesweit deutlich weniger Übergriffe auf Nutztiere verzeichnet; die Zahl der Risse sank auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren.
„Die Ergebnisse des Monitoringberichts belegen, dass ein konfliktarmes Leben mit dem Wolf nicht nur naturschutzfachlich wünschenswert, sondern auch praktisch möglich sein kann“, erklärte Willingmann. „Offenkundig setzen Nutztierhalter bei uns im Lande verstärkt auf Herdenschutzmaßnahmen, die Übergriffe und Risse in den allermeisten Fällen verhindern. Das legen die jüngsten Ergebnisse des Monitoringberichts nahe. Insoweit bleibt wolfsabweisender Herdenschutz das zentrale Mittel der Wahl. Zugleich gilt: Wölfe mit auffälligem Verhalten müssen zeitnah, rechtssicher und unbürokratisch entnommen werden können. Eine gezielte Bestandsregulierung mittels systematischer Entnahmen halte ich im Lichte der Ergebnisse des Monitoringberichts jedoch für nicht angebracht.“
Am vergangenen Freitag hatten sich die Umweltministerinnen und -minister der Länder bei ihrer Konferenz in Münster darauf verständigt, dass Wölfe in Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen schneller und unbürokratischer entnommen werden dürfen. Bereits nach erstmaligem Überwinden des zumutbaren Herdenschutzes und dem Riss von Weidetieren soll künftig die Abschussgenehmigung erteilt werden können. Diese soll für einen Zeitraum von 21 Tagen nach dem Rissereignis gelten und die Entnahme im Umkreis von bis zu 1.000 Metern um die betreffende Weide zulassen. Anders als bisher muss nicht erst eine DNA-Analyse abgewartet werden.
„Wir sichern damit die Weidetierhaltung vor dem Wolf nachhaltig ab“, betonte Willingmann am Montag. „Zugleich gibt es keine Generalerlaubnis, Wölfe schlicht zu bejagen. Das wäre naturschutzfachlich unangemessen und auch mit geltendem Bundes- und EU-Recht nicht zu vereinbaren. Wir haben uns im Kreis der Umweltministerinnen und -minister weiterhin darauf verständigt, dass wir die notwendigen Länderverordnungen jetzt zeitnah erarbeiten und möglichst einheitlich gestalten wollen.“ Zu den Bundesländern mit vergleichsweise hoher Wolfspopulation zählen neben Sachsen-Anhalt auch Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Zwischen Mai 2022 und April 2023 ist die Zahl der in Sachsen-Anhalt lebenden Wölfe um 14 auf insgesamt 201 gestiegen. Hinzu kommen 36 Tiere, die sich in grenzübergreifenden Territorien bewegen. Die Zahl der im Land lebenden Wolfsrudel nahm von 24 auf 27 zu, die Zahl der Welpen pro Rudel stagnierte bei 3,5. Trotz moderatem Populationswachstum gingen die Übergriffe auf Nutztiere um 21,3 Prozent auf 59 zurück; im Vorjahreszeitraum wurden 75 Übergriffe registriert. Rückläufig war dabei auch die Zahl getöteter Tiere; sie nahm um 40,1 Prozent auf 176 ab. Im Vorjahreszeitraum wurden bei 294 getöteten Nutztieren Wölfe als Verursacher nachgewiesen oder waren nicht auszuschließen. Die Anzahl durch Wölfe getöteter Nutztiere sank damit auf den niedrigsten Wert seit 2018.
„Aus der täglichen Arbeit wissen wir, dass besonders in der Hobbyhaltung der wolfsabweisende Herdenschutz eine große Herausforderung ist“, erklärte LAU-Präsidentin Hagel. „Die Umsetzung hängt oft von den lokalen Gegebenheiten und den Möglichkeiten der Halterinnen und Halter ab. Hier sehe ich weiterhin einen besonderen Bedarf an Beratung und Unterstützung durch das Wolfskompetenzzentrum und andere Akteure des Herdenschutzes.“
Insgesamt wurden im Berichtszeitraum 14 Wölfe tot aufgefunden. Zehn kamen bei Verkehrsunfällen ums Leben, zwei erlitten ein Bisstrauma, ein Tier ertrank, eines wurde illegal getötet.
Darüber hinaus sind im Monitoringbericht Sichtungen wolfsähnlicher Hunde sowie vermeintliche Sichtungen von Wölfen dokumentiert. Im April 2023 wurden in der nördlichen Altmark zwei „freundlich bettelnde Wölfe“ auf einem Grundstück gemeldet; tatsächlich handelte es sich jedoch um zwei entlaufene Siberian Huskys. Willingmann: „Vermeintliche Sichtungen von Wölfen verbreiten sich vor allem in den sozialen Medien rasant. Auch wenn sich hinterher mitunter aufklärt, dass es sich um einen Hund handelt, ist es dennoch richtig, alle Sichtungen ohne Bedenken an unsere Fachleute im Wolfskompetenzzentrum zu melden.“
Der Wolfsmonitoringbericht 2022/2023 ist unter folgendem Link online abrufbar: Wolfsmonitoringberichte (sachsen-anhalt.de)
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