Starkregen und damit verbundene Hochwasser häufen sich aufgrund des Klimawandels auch in Deutschland, sie verursachen oftmals schwere Schäden. Die Jahrhunderthochwasser 2002 und 2013 entlang der Elbe sowie die Hochwasser im Harz belegen, dass sich auch Sachsen-Anhalt gegen Naturgewalten wappnen muss. Neben der Verbesserung des Hochwasserschutzes staatlicherseits muss aus Sicht von Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann die Eigenvorsorge gegen Elementarschäden deutlich ausgebaut werden. "Ich werbe für die Einführung einer Solidarversicherung gegen Elementarschäden", erklärte Willingmann im Vorfeld der Umweltministerkonferenz am Montag. "Trotz der Hochwasser-Ereignisse in den vergangenen Jahren ist in Sachsen-Anhalt nicht einmal jedes zweite Gebäude gegen Elementarschäden versichert. Damit können wir uns in Zeiten zunehmender Extremwetter-Ereignisse nicht zufrieden geben", betonte der Minister weiter.
Aktuell ist es für Hauseigentümer insbesondere in Risikogebieten oftmals nur zu unzumutbaren Bedingungen möglich, sich gegen Elementarschäden zu versichern. Bereits 2015 kamen verschiedene Verbraucherzentralen zu dem Ergebnis, dass die Versicherungsprämien zum Teil die finanziellen Möglichkeiten der Eigentümer übersteigen. "Wenn wir vermeiden wollen, dass Bund und Länder immer wieder – und im Zweifelsfall immer häufiger – für Elementarschäden aufkommen, dann müssen wir eine möglichst verbindliche Solidarversicherung mit bezahlbaren Prämien für alle Eigentümer entwickeln", so Willingmann. "Andernfalls fragen sich auch jene, die bereits versichert sind, warum sie hohe Beiträge stemmen, wenn Bund und Länder am Ende doch allen im Katastrophenfall wieder finanziell unter die Arme greifen."
Eine Pflicht zum Abschluss einer Versicherung gegen Elementarschäden besteht in Deutschland derzeit nicht. Die Justizministerkonferenz hatte sich im Juni 2017 hinsichtlich der Einführung einer Pflichtversicherung zurückhaltend geäußert. Die Justizminister der Länder befürchteten, dass eine solche Pflicht Grundrechte einschränken könnte – vor allem das Grundrecht des Einzelnen, Verträge abzuschließen oder auch nicht. "Ich halte eine Neubewertung der Situation, insbesondere im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels und die jüngsten Starkregen- und Hochwasserkatastrophen für erforderlich", so Willingmann. "Es kann nicht sein, dass Familien nach einer Naturkatastrophe vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, etwaige Hilfen jedoch von der Stimmungs- und Kassenlage in Politik und Gesellschaft abhängen."
Bereits im Sommer 2017 hatte die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) einen Grundsatzbeschluss gefasst, wonach staatliche Hilfszahlungen bei Unwetterschäden künftig nur noch diejenigen erhalten, die sich erfolglos um eine Versicherung bemüht haben oder denen diese nur zu wirtschaftlich unzumutbaren Bedingungen angeboten worden ist. Die Versicherungsquote ist nach dem Beschluss jedoch kaum gestiegen. Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) lag die Quote im April 2021 im Bundesdurchschnitt und in Sachsen-Anhalt bei 46 Prozent, in Rheinland-Pfalz bei 37 Prozent, in Nordrhein-Westphalen bei 47 Prozent. In Niedersachsen und Bremen lag die Versicherungsquote sogar nur bei 25 bzw. 23 Prozent.
Nach der Unwetterkatastrophe in Südwestdeutschland im Sommer dieses Jahres fand daher auch der Grundsatzbeschluss der MPK nur wenig Beachtung. Bund und Länder werden sich mit einem Sondervermögen von bis zu 30 Milliarden Euro am Wiederaufbau beteiligen. "Das ist zwar aufgrund des bislang fehlenden, flächendeckenden Versicherungsschutzes ausdrücklich zu begrüßen. Doch wir müssen uns schon die Frage stellen, ob Bund und Länder in der Lage sind, diese Summen in Zukunft immer wieder aufs Neue zu stemmen", so Willingmann. "Starkregen-Ereignisse können potenziell überall vorkommen, entsprechende Überschwemmungen auch. Deshalb brauchen wir ein solidarisches Versicherungsmodell, das Elementarschäden nachhaltig und verlässlich abdeckt."